Schon früh drehte sich bei Jessica Paulsen alles um Hunde und Geschwindigkeit: Ihre Australian Shepherd Hündin Isi war ein pures Energiebündel und wollte immer nur rennen. Kurzerhand ließ Jessica die Hündin neben ihrem Fahrrad oder ihrem Cityroller herlaufen – da war Jessica gerade einmal 10 Jahre alt. „Leider mit mäßigem Erfolg, da Isi immer zog“, so die 22-jährige, die aus dem baden-württembergischen Weizen in Deutschland stammt. Der nächste Schritt: Gemeinsam mit dem familieneigenen Mini-Shetlandpony durfte Isi eine Kutsche ziehen oder wurde von Jessica vor ihren Cityroller gespannt. Da ihre Eltern selbst nie Schlittenhundesport betrieben haben, wusste Jessica zunächst nicht, dass es sich dabei um eine richtige Sportart handelt. Sie machte es aus Spaß an der Sache – und dieser Spaß ist ihr bis heute geblieben.
Auf acht Pfoten zum Erfolg
Im Alter von 12 Jahren bekam Jessica dann von ihren Eltern ihren ersten Dogscooter geschenkt, kurz darauf zog Australian Shepherd Hund Acira ein. Nur drei Jahre später nahm Jessica an ihrem ersten Dryland Rennen in Frankreich teil. „Und danach war es um mich geschehen“, sagt sie. Als ihre Hündin Isi dann ein Alter erreichte, in dem sie nicht mehr so viel rennen wollte, entschied sich Jessica im Jahr 2015 dazu, ihren Siberian Husky Icebell‘s Speed King zu kaufen, ein Jahr später folgte Icebell‘s Winner. Beide Huskies hat Jessica als Welpen von Christof Diehl, einem erfolgreichen Schlittenhundeführer, einem sogenannten Musher, übernommen. Speed und Winner sind keine „Sportgeräte“, sondern Familienhunde, die mit Jessica die gemeinsame Leidenschaft teilen. Eine Leidenschaft, die der 22-jährigen und ihren Hunden bereits große Erfolge beschert hat: 2017 wurde das Gespann Deutscher Meister in der Kategorie „Scooter 2 Hunde RNB1“, 2018 dann Deutscher Meister in der Kategorie „Schlitten 2 Hunde RNB1“. Im selben Jahr gelang Jessica, Speed und Winner sogar der bisher größte Coup ihrer Karriere: Sie gewannen den Weltmeister-Titel in der Kategorie „Scooter 2 Hunde RNB1“.
„Nochmals die Deutsche Meisterschaft und die Weltmeisterschaft auf Schnee zu fahren, das wäre ein großes Ziel von mir“, sagt Jessica, die aktuell wieder mitten im Training ist. Gemeinsam mit ihren Hunden trainiert sie von September bis März viermal die Woche. Unter der Woche studiert die Sportlerin Pferdewirtschaft in Nürtingen, jeden Donnerstagabend geht es nach Weizen auf den elterlichen Hof, damit sich das straffe Trainingsprogramm überhaupt ausgeht. Damit Jessica das Training beginnen kann, müssen bestimmte Parameter stimmen – so darf es etwa nicht zu warm sein. Klettern die Temperaturen über 18 Grad, haben Speed und Winner Pause. „Zu Beginn der Saison, also im September, muss ich die Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit im Blick haben. Das heißt, dass ich in der Regel am Morgen oder spät am Abend fahre. Ab November ist dies normalerweise kein Problem mehr.“
Geschwindigkeitsreiches Power-Programm
Wie in jeder Sportart, geht es auch beim Schlittenhunderennen darum, sich kontinuierlich zu steigern. Zu Beginn der Saison trainiert Jessica ihre Huskies auf einer Strecke von 1,5 Kilometern, im Laufe der Zeit legen sie viermal wöchentlich stolze 15 Kilometer zurück. Dabei können ihre Hunde eine Geschwindigkeit von bis zu 35 km/h erreichen. Um Speed und Winner auf diesen körperlich anspruchsvollen Hochleistungssport vorzubereiten, gibt ihnen Jessica rund eineinhalb Stunden vor dem Training eine Art Suppe zu trinken, die sie mit etwas THE GOODSTUFF Nassfutter anmischt, um sie schmackhaft zu machen. Direkt vor dem Training werden die Hunde warmgelaufen und sie haben dabei noch die Gelegenheit ihr Geschäft zu verrichten. „Vor Kurzem haben wir auf 8 Kilometer erhöht, diese probiere ich abwechslungsreich zu gestalten: Phasen, in denen Speed und Winner stärker ziehen müssen, in denen sie sprinten dürfen, unterschiedliche Strecken und ab und an eine Pause. Hauptsächlich galoppieren die beiden. Am Ende bekommen sie als allererstes Wasser und dann gehen ich nochmal ein Stück laufen, bis ihre Atmung sich wieder normalisiert hat“, fasst Jessica den aktuellen Trainingsstand zusammen.
Sobald im März die letzten Rennen gelaufen sind, werden Speed und Winner abtrainiert und verbringen den Sommer über im wohlverdienten „Familienurlaub“. Doch auch während der warmen Jahreszeit bleibt bei Jessica und ihren Hunden die Leidenschaft für die Geschwindigkeit und den Schlittenhundesport, den sie gemeinsam draußen in der Natur betreiben.
Und dann ist er endlich wieder da, der Tag, an dem es kälter wird und die nächste Saison für alle wieder beginnt!
Fotocredit: Ralf Schomy